Dienstag, 11. März 2008

"Es kann der Kleine nicht in Frieden leben, wenn es dem großen Nachbarn nicht gefällt"

frei nach Friedrich Schiller (oder Wilhelm Busch?)

Völlig unterschiedlich wurde die Kündigung von Konten kubanischer Staatsbürger durch die BAWAG im April 2007 von Juristen beurteilt. Die einen sahen darin einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot, andere argumentierten, jede Bank könne sich ihre Kunden aussuchen.
Den „Hinauswurf“ kubanischer Kunden hat die Bawag damit begründet, dass andernfalls der Verkauf an den US-Fonds Cerberus, der für die Bawag 3,2 Mrd. Euro zahlen wird, platzen könnte. „Wir hatten keine andere Wahl,“ so Bawag-Chef Ewald Nowotny wörtlich.

Die Bank, die in wenigen Wochen dem USA-Fonds Cerberus gehören wird, hatte den rund 100 kubanischen Kunden die Konten mit der Begründung gekündigt, man habe die Geschäftspolitik geändert. Die Staatsangehörigkeit wurde in dem Brief nicht erwähnt. US-Gesetze, etwa der „Helms-Burton-Act“, verbieten US-Unternehmen oder deren Töchtern Geschäftsbeziehungen jedenfalls mit kubanischen Firmen.

Ob die Vorgangsweise der Bank rechtswidrig ist, wird von Rechtsexperten unterschiedlich beurteilt. Ein Sprecher der EU-Kommission kündigte an, man werde die Causa prüfen. Sollte EU-Recht verletzt worden sein, würde es ein Verfahren geben. Grundsätzlich gelte Vertragsfreiheit für Banken, ein Verbot der Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit sei aber verboten.

EU-Rechtler Thomas Eilmansberger meint gegenüber der „Presse“, die Bawag habe das Diskriminierungsverbot nicht verletzt. Es sei auch für ein privates Unternehmen in Österreich nicht illegal, sich an Helms-Burton zu halten. Laut EU-Kommission ist hingegen der Helms-Burton-Act in der EU nicht durchsetzbar.

Alix Frank-Thomasser, Rechtsanwältin und Expertin auf dem Gebiet Antidiskriminierung, sieht für die Bawag juristisch kein Problem. Das Diskriminierungsverbot beziehe sich in erster Linie auf Arbeitskräfte und Mieter. Ihre Kunden könne sich eine Bank aber aussuchen.

Für den Verfassungsrechtler Heinz Mayer ist die Kündigung von Konten kubanischer Staatsbürger indes „grob rechtswidrig“. Mayer begründet dies im „Format“ mit einer UN-Konvention aus dem Jahr 1972, die jede Form der rassischen Diskriminierung verbietet und meint, der Versuch der Bawag, sich für ihr Vorgehen auf die Kontrahierungsfreiheit zu berufen (d.h. sich ihre Kunden aussuchen zu wollen) müsse daher scheitern.

Der Grüne EU-Abgeordnete Johannes Voggenhuber sowie der Verein Zara (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) haben jedenfalls angekündigt, die Bank wegen Diskriminierung kubanischer Kunden anzuzeigen. Diesem Vorwurf scheint auch das Justizministerium einiges abgewinnen zu können: „Es scheine zivil- und bankenrechtlich in Ordnung zu sein, doch sei möglicherweise das gemeinschaftliche Diskriminierungsverbot berührt“, meinte Justizministerin Maria Berger. BZÖ-Chef Peter Westenthaler hat aus demselben Grund die Finanzmarktaufsicht eingeschaltet.

Die Bawag ruderte indes zurück. Sie wolle die kubanischen Kunden zurückholen, hieß es. Spekuliert wird darüber, dass Gerhard Fürlinger aus der Rechtsabteilung seinen Hut nehmen muss. Künftig muss jeder einzelne Fall, in dem eine Geschäftsbeziehung beendet wird, vom Vorstand abgesegnet werden.

Quelle: CHRISTINE DOMFORTH (Die Presse) 19.04.2007

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