Die “vergemeinschafteten” Teile der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union (Visa, Asyl, Einwanderung und andere Bereiche des freien Personenverkehrs) zeichnen sich häufig durch Dringlichkeit aus, der das gewöhnliche Vorabentscheidungsverfahren wegen seiner langen Dauer nicht gerecht werden kann. Die Vielzahl der Beteiligten an einem solchen Verfahren und der damit verbundene Arbeitsaufwand können die Vorlagefreude der nationalen Gerichte zusätzlich trüben, sagt der Gerichtshof in einer Aussendung.
Aus diesem Grund hat der EuGH vergangenes Jahr vorgeschlagen, durch Satzungsänderung eine neue Verfahrensart einzuführen: das Eilvorlageverfahren. Dieses spezielle Vorlageverfahren, das seit 1. März 2008 anwendbar ist, soll es dem Gerichtshof ermöglichen, in erheblich verkürzter Zeit die sensibelsten Fragen aus den Materien Asyl, Visa und Einwanderung zu behandeln, die sich beispielsweise beim Freiheitsentzug stellen können, wenn die Antwort auf die vorgelegte Frage für die Rechtmäßigkeit der Freiheitsbeschränkung des Betroffenen entscheidend ist.
Das neue Verfahren unterscheidet sich in drei wesentlichen Merkmalen vom gewöhnlichen Vorabentscheidungsverfahren. Im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens wird zwischen Beteiligten, die sich in der schriftlichen Phase des Verfahrens beteiligen können und Beteiligten, die dies in der mündlichen Phase des Verfahrens können, unterschieden. In der schriftlichen Phase des Verfahrens können nur der vorlegende Mitgliedstaat, die Kommission und gegebenenfalls der Rat bzw. das Europäische Parlament binnen kurzer Frist schriftliche Erklärungen abgeben. Sonstige Beteiligte und insbesondere die anderen Mitgliedstaaten werden auf die mündliche Verhandlung verwiesen, in der sie Ausführungen zu den vorgelegten Rechtsfragen machen können. Außerdem wird mit der Bearbeitung der diesem neuen Verfahren unterworfenen Rechtssachen eine besondere Kammer mit fünf Richtern betraut. Um die angestrebte Beschleunigung des Verfahrens zu erreichen, wird schließlich der gesamte Schriftverkehr des Gerichtshofs mit den nationalen Gerichten und den Parteien im Wesentlichen auf elektronischem Wege betrieben.
Eine Anleitung zum neuen Verfahren mit praktischen Hinweisen für die nationalen Gerichte hat der Gerichtshof auf seiner Webseite bereitgestellt.
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