Verein wollte erreichen, dass ein Schimpanse rechtlich wie eine Person behandelt wird
Bekommt Affe Hiasl einen Sachwalter?
Ziel des vom Verein gegen Tierfabriken (VGT) angestrengten Verfahrens war, dass der Affe Hiasl einen Sachwalter erhalte.
Der Hintergrund des Falles: "Hiasl" befand sich in Obhut des mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfenden Wiener Tierschutzvereins.
Die Idee des VGT war, dem Schimpansen einen Sachwalter beizustellen, der persönliche Spenden für seinen Schützling entgegennehmen könnte. Das beantragte der Obmann des Vereins, Martin Balluch, beim Bezirksgericht Mödling.
Das Problem
§ 268 Abs 1 ABGB bestimmt:"Vermag eine volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist (behinderte Person), alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen."
Dass ein Tier einen Sachwalter bekommt, ist in dieser Bestimmung nicht vorgesehen.
Tiere sind zwar rechtlich gesehen keine Sachen, aber auch keine Personen.
§ 285a ABGB: "Tiere sind keine Sachen; sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Die für Sachen geltenden Vorschriften sind auf Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen."
Da Tiere keine Personen sind, können sie auch nicht Träger von Rechten und Pflichten sein. Mangels Rechtsfähigkeit können ihnen daher nicht direkt Spenden zugewendet werden.
Beim Bezirksgericht abgeblitzt
Beim Bezirksgericht Mödling blitzte der VGT mit seinem Antrag auf Bestellung eines Sachwalters als Vertreter für "Hiasl" im April 2007 ab und legte gegen das Urteil Rekurs am Landesgericht Wiener Neustadt ein, der aber zurückgewiesen wurde.
VGT-Obmann Martin Balluch sei in diesem Verfahren nämlich gar nicht rekurslegitimiert. "Nur der Betroffene selbst und sein Sachwalter, und in Ausnahmefällen auch die nahen Verwandten, könnten Rekurs einlegen", hätte es geheißen, so der VGT.
Das Gericht zitierte § 127 Außerstreitgesetz ("Rekurs im Bestellungsverfahren"):
"§ 127. Der Rekurs steht der betroffenen Person, ihrem Vertreter, dem Verfahrenssachwalter, der Person, die zum Sachwalter bestellt werden soll, und [in bestimmten Fällen] den nächsten Angehörigen zu", bestimmt das Gesetz.
Eberhart Theuer vom VGT meint: "Der vom Gericht zitierte Paragraf bezieht sich nur darauf, dass ein Sachwalter bestellt wurde, aber entweder der Betroffene oder der Sachwalter mit dieser Bestellung nicht einverstanden sind. In diesem Fall wurde aber kein Sachwalter bestellt. Deshalb muss der Antragsteller, da er Partei im Verfahren ist, rekurslegitimiert sein."
"Abgesehen davon gibt es keine nahen Verwandten von Hiasl in Österreich, weshalb in Analogie seine besten Freunde und Betreuer diese Funktion übernehmen können", so Theurer. "Deswegen haben wir Revisionsrekurs beim OGH in Wien erhoben", sagte der Rechtsvertreter des VGT.
Reichen 99,5 Prozent derselben Gene?
"Es ist erstaunlich, wie sich die Gerichte um eine Entscheidung in der hier wesentlichen Frage drücken: Ist ein Schimpanse, der 99,5 Prozent aller Gene mit uns Menschen teilt, als Person mit Interessen anzusehen oder als Sache ohne Interessen?", meinte Antragsteller Balluch.
"Wir sind gespannt, wie der OGH diese Frage beantworten wird."
Entscheidung des OGH
Im Jänner wurde die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) bekannt:
Der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vereins zurück.
"Die Gerichte haben sich erfolgreich davor gedrückt, zur so wesentlichen Frage Stellung zu nehmen, ob der Schimpanse eine Sache oder eine Person ist", so VGT-Obmann Martin Balluch - und das, obwohl man vier wissenschaftliche Expertisen vorgelegt habe.
Der außerordentliche Revisionsrekurs sei abgelehnt worden, weil der Antragsteller nach Ansicht des OGH zu diesem Rechtsmittel nicht befugt sei, hieß es in einer Aussendung des Vereins.
Der VGT sieht das Recht auf ein faires Verfahren verletzt und will nun den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrufen.
Quelle: ORF
Dienstag, 4. März 2008
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