Dienstag, 28. Oktober 2008

Sind Stiftungen wirklich steuerlich diskriminiert?

Eingangssteuer: Der Vergleich mit dem steuerfreien Verschenken von Vermögen verrät eine isolierte Sichtweise.

Autor: Univ.-Doz. DDr. Gunter Mayr,
Leiter der Abteilung „Einkommen-/Körperschaftsteuer“ im Bundesministerium für Finanzen


Bei einer „Presse“-Diskussion zum Thema Stiftungen sagte Günter Cerha vom Verband Österreichischer Privatstiftungen, die neue Stiftungseingangssteuer sei diskriminierend und daher ein Fall für den VfGH (s. Rechtspanorama vom 14. Oktober). Als Mitdiskutant staunte ich über diese Ansage, sind doch Stiftungen bisher nicht für steuerliche Benachteiligungen, sondern schon eher für steuerliche Begünstigungen bekannt.
Der nunmehrige Unmut der Stiftungsvertreter geht auf Folgendes zurück: Bis zum 31. 7. 2008 war die Übertragung von Vermögen an eine Privatstiftung mit 5 % Schenkungssteuer belastet; an die Stelle der ausgelaufenen Erbschafts-/Schenkungssteuer ist für Stiftungen die Stiftungseingangssteuer getreten mit einem Steuersatz von 2,5 %. Da aber nunmehr potenzielle Stifter ihr Vermögen auch steuerfrei verschenken könnten, wird in der Besteuerung mit 2,5% eine Diskriminierung gesehen. Doch selbst dann, wenn Stiftungen nunmehr tatsächlich diskriminiert würden, stellt sich die Frage, weshalb Stifter ihr Vermögen weiterhin freiwillig auf Stiftungen übertragen. – Das hängt wohl mit anderen steuerlichen Vorteilen zusammen.
Betrachtet man die Stiftungseingangssteuer isoliert, vermag man den Unmut der Stiftungsvertreter zu verstehen. Doch eine solche Betrachtung ist verkürzt. Bei der laufenden Besteuerung genießen Stiftungen steuerliche Vorteile: So unterliegen die Kapitalerträge nur der Zwischensteuer von 12,5 %, während bei einer natürlichen Person 25 % KESt einbehalten werden und eine Kapitalgesellschaft 25 % Körperschaftsteuer zahlt. Anders als natürliche Personen oder Kapitalgesellschaften, können Stiftungen auch Unternehmensbeteiligungen veräußern und die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes vermeiden bzw. aufschieben, wenn sie eine Ersatzbeteiligung anschaffen. Und der bisher bei Stiftungen nachteilige „Mausefalle-Effekt“ wurde erheblich entschärft; ähnlich wie Kapitalgesellschaften können Stiftungen nunmehr die ihr vom Stifter zugewendete Vermögenssubstanz steuerfrei an die Begünstigten herausgeben.
Geringe laufende Besteuerung
Die von den Stiftungsvertretern geäußerte Kritik an der Stiftungseingangssteuer ist ein Paradebeispiel dafür, wie punktuell die Diskussion um die Besteuerung von Stiftungen oftmals geführt wird. Man greift sich gezielt einen Punkt im Besteuerungskonzept heraus und kritisiert diesen isoliert. Doch Stiftungen sind in ein Gesamtbesteuerungskonzept eingebettet, welches gerade bei der laufenden Besteuerung Vorteile vorsieht. Nur das Gesamtbesteuerungskonzept kann Auskunft darüber geben, ob Stiftungen steuerlich diskriminiert, angemessen behandelt oder begünstigt werden. Betrachtet man das Gesamtkonzept (Eingangssteuer, laufende Besteuerung und Ausgangssteuer), kann zumindest nicht von einer Diskriminierung der Stiftungen gesprochen werden. Gerade die mit dem Auslaufen der Erbschafts-/Schenkungssteuer vorgenommenen Entlastungen (Eingangssteuer von 5 % auf 2,5 % gesenkt, steuerfreie Substanzauszahlung an die Begünstigten) sollten Stiftungen steuerlich noch attraktiver erscheinen lassen. Daher gibt es bereits Stimmen, die die Kapitalgesellschaft gegenüber der Stiftung diskriminiert sehen. Weitere steuerliche Entlastungen für Stiftungen ließen sich jedenfalls sachlich kaum mehr rechtfertigen.
Solange die Diskussion über Stiftungen verkürzt und nur über einzelne Punkte geführt wird, kann die an sich schon polarisierende Diskussion nicht abreißen. Doch eigentlich sollte es im Interesse der Stiftungsvertreter liegen, etwas Ruhe und „Rechtssicherheit“ einkehren zu lassen.
Thema der Diskussionsrunde waren auch die liechtensteinschen Stiftungen. Dabei wurde kritisiert, dass für liechtensteinsche Familienstiftungen die Eingangssteuer nicht 2,5 % (wie für österreichische Privatstiftungen), sondern 25 % beträgt. Dies sei mit der Kapitalverkehrsfreiheit, die auch mit Liechtenstein gilt, nicht vereinbar. Das Argument „Kapitalverkehrsfreiheit“ ist für sich alleine aber zu pauschal; zudem ist es ergebnisbezogen interessant, wenn sich Vertreter österreichischer Stiftungen um Liechtenstein sorgen.
Der Fall Liechtenstein
Das Stiftungseingangssteuergesetz sieht mit 2,5 % und 25 % in der Tat zwei Steuersätze vor. Der 25 %-Satz kommt unter anderem dann zur Anwendung, wenn mit dem Ansässigkeitsstaat der ausländischen Stiftung (Vermögensmasse) keine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe besteht. Innerhalb der EU und auch mit dem EWR-Staat Norwegen besteht eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe, mit Liechtenstein nicht. Doch bei der Zuwendung von Vermögen an eine liechtensteinsche Stiftung ist zunächst zu klären, ob überhaupt eine „intransparente Stiftung“ vorliegt (liechtensteinsche Ermessensstiftung). Denn bei „transparenten Stiftungen“ (z. B. vermögensverwaltende liechtensteinsche Familienstiftung mit Mandatsvertrag) ist das Vermögen weiterhin dem Stifter zuzurechnen, der die Kapitaleinkünfte – wie bei einem ausländischen Sparbuch – laufend zu versteuern hat. Nur bei Zuwendung an eine intransparente liechtensteinsche Stiftung fallen 25 % Stiftungseingangssteuer an.
Das Stiftungseingangssteuergesetz benachteiligt keineswegs gezielt Liechtenstein, sondern knüpft an die umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe an. Gäbe es mit Liechtenstein eine umfassende Amts- und Vollstreckungshilfe, könnte auch mit Liechtenstein der niedrige Steuersatz zur Anwendung kommen. Es versteht sich wohl von selbst, dass Österreich bei Vermögenstransfers nach Liechtenstein ein besonderes Interesse auch an einer Amtshilfe hat – zumal die Rückflüsse aus der Stiftung in Österreich der Besteuerung unterliegen.
Umfassende Amtshilfe fehlt
Wenn gegen dieses besondere Interesse Österreichs die Kapitalverkehrsfreiheit vorgebracht wird, sollte bedacht werden, dass gerade der EuGH Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit zulässt, wenn es an einer umfassenden Amtshilfe wie innerhalb der EU fehlt (vgl. EuGH 18. 12. 2007, C-101/05, Rs A). Bei der Stiftungseingangssteuer an die umfassende Amtshilfe anzuknüpfen, sollte daher gemeinschaftsrechtlich sehr wohl zulässig sein.

Quelle: "Die Presse", Rechtspanorama, 28.10.2008

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