GEWÄHRLEISTUNG. Liefert ein Handwerker ein Werk mit Mängeln ab, muss ihm der Auftraggeber die Möglichkeit geben nachzubessern. Vorher kann der Vertrag nicht gelöst werden.
Knapp vier Jahre nach Inkrafttreten einer großen Gewährleistungsreform am 1. 1. 2002 hat der Oberste Gerichtshof nun wichtige Fragen rund um Nachbesserung und Rückabwicklung bei mangelhaften Auftragsarbeiten geklärt. Mit der Reform wurde unter anderem der Verbesserung Vorrang eingeräumt gegenüber der Preisminderung und der "Wandlung". Was dieser Vorrang im Einzelfall genau bedeutet, muss sich aber bei manchen Auftraggebern noch herumsprechen, wie dieser Streit beweist.
Eine neu bestellte, auf alt getrimmte Kücheneinrichtung entsprach nicht den Erwartungen ihres Bestellers: Die Farbe an den Fronten passte entgegen dem Auftrag nicht zu der schon vorhandenen Tischplatte und war - was in der Küche besonders stört - wasserlöslich. In der Arbeitsplatte klaffte außerdem ein Sprung. Der Tischler, der die Möbel angefertigt hatte, zeigte sich sogleich bereit, die Mängel auszubessern. Noch ehe er aber die Fronten zum Zwecke des Austauschs abholen konnte, ließ ihm der Auftraggeber telefonisch mitteilen, dass er gar nicht mehr zu kommen brauche. Es waren die letzten gesprochenen Worte. Alles Weitere folgte schriftlich.
Zum Beispiel in Form eines Briefs der Konsumentenberatungsstelle der Arbeiterkammer, in dem die Mängel noch einmal aufgelistet wurden und für den Fall der Unbehebbarkeit eine "konsumentenrechtlich zustehende Vertragsabwicklung" angedroht wurde. Der Tischler erneuerte sein Angebot, die Fehler auszubessern, und bat um zwei Terminvorschläge, um die Küche nochmals besichtigen und einen Sanierungsvorschlag unterbreiten zu können. Der Anwalt des Bestellers reagierte aber statt mit einem Vorschlag nur mit einer weiteren Mängelliste. Ein Sanierungskonzept, wie es der Handwerker daraufhin vorlegte, lehnte er rundweg ab.
Nun reichte es auch dem Tischler: Er nahm die Verweigerung schriftlich zur Kenntnis und klagte seinen Werklohn ein - und hatte nicht nur Recht, sondern bekam es auch: Alle Instanzen fanden seine Forderung in Höhe von knapp 12.000 Euro berechtigt.
Das Oberlandesgericht Linz begründete seine Entscheidung so ausführlich, dass der OGH gleich darauf verwies: Seit der Gewährleistungsreform solle der Übergeber eine zweite Chance bekommen, den vertragsgemäßen Zustand herzustellen. Preisminderung oder Wandlung könne der Übernehmer nur fordern, wenn die Verbesserung und der Austausch nicht möglich seien, für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wären oder wenn er dem Verlangen des Übernehmers nicht oder nicht in angemessener Frist nachkomme.
Was angemessen ist, hängt laut OGH von den Umständen sowohl auf Seiten des Übergebers (wie schwierig ist die Reparatur?) als auch des Übernehmers (wie dringend ist sie?) ab. Indem der Tischler einen Monat nach der ersten Reklamation die Türen hatte abholen wollen, habe er die Verbesserung rasch genug angeboten. Dass es dann nicht dazu kam, lag nicht an ihm, sondern am Auftraggeber. Weil dieser somit die Verbesserung verhindert habe, könne er sich nicht auf die Unmöglichkeit berufen, so der OGH (6 Ob 85/05a).
Quelle: BENEDIKT KOMMENDA (Die Presse) 02.01.2006
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen